13.08.2020 von Mag. Roland Nagel, MBA.
Die Medienlandschaft in ihrer Fülle und Breite begeht im überwiegenden Maße eine Themenverfehlung und ist bis dato immun gegenüber einer wirklichen Aufklärung. PolitikerInnen aller Couleur bieten das gleiche Schauspiel mit ein paar wenigen Ausnahmen, deren korrekte Wortwahl leider überhört wird.
Eines steht fest. Die formelle Pflege in den mobilen Diensten, Pflegeheimen und Krankenhäusern wird durch die mehr als 150.000 im Gesundheitsberuferegister angeführten Pflegekräfte in Österreich repräsentiert und nicht von der 24h Personenbetreuung.
Es geht mir nicht um ein auseinander dividieren von wertvollen MitarbeiterInnen in Pflege und Betreuung, es geht mir vielmehr um die Schaffung von Klarheit und Transparenz in den verwendeten Begrifflichkeiten. Bei der Häufigkeit der medialen „Verwechslungen“ ist es jetzt Zeit aufzuzeigen und einen Beitrag zur Klarstellung zu leisten.
Da findet sich in nahezu jeder Zeitung und jedem TV-Sender etwas über die „Pflegekräfte“ aus dem Ausland und deren enorme Bedeutung, … Innerhalb kurzer Zeit werden zahlreiche PersonenbetreuerInnen mit dem Flugzeug nach Österreich gebracht und ein millionenschweres Paket geschnürt. Was sich gleichzeitig spärlich findet sind Berichte über die Menschen in Österreich die tatsächlich ihrer Profession in der formellen Pflege als fachliche Pflegeprofessionisten im Sinne des Berufsrechts (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 2016) nachgehen.
Also über die diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen, die PflegefachassistentInnen und die PflegeassistentInnen in den Pflegeheimen, den Krankenhäusern und in der mobilen Pflege. Ganz zu schweigen vom größten Pflegedienst des Landes, im Sinne der informellen Pflege, den „pflegenden Angehörigen“.
Um hier in aller Kürze etwas zur Aufklärung beizutragen darf ich auf die Realität in Österreich am Beispiel der aktuellen PflegegeldbezieherInnen verweisen. Gemeinsam mit den mobilen Diensten und der Kollegenschaft (DGKP, PFA, PA) in den Pflegeheimen, Tageszentren und dem betreuten Wohnen werden zurzeit ca. 93 % aller PflegegeldbezieherInnen in Österreich gepflegt. In etwa 7% nehmen die 24h Personenbetreuung in Anspruch. Die PersonenbetreuerInnen die zumeist aus Osteuropa stammen kümmern sich um den Haushalt, leisten wertvolle Dienste als Gesellschafter, bereiten das Essen zu, kümmern sich um den Garten und bieten eine leichte Unterstützung bei der Körperpflege an. Es ist wohl kein Zufall, dass die 24h Personenbetreuung im sogenannten Hausbetreuungsgesetz rechtlich verankert ist.
Im Fokus der prognostizierten demografischen Entwicklung und der Zunahme an multimorbiden Menschen die das achtzigste Lebensjahr überschritten haben stellt sich für die Zukunft die grundsätzliche Frage, welche pflegerischen Qualifikationen wohl vermehrt nachgefragt sein werden? Derzeit fehlen in Österreich ca. 76.000 Pflegekräfte bis zum Jahr 2030. Jetzt ist die Zeit um aufzuwachen und die richtigen Schlüsse zu ziehen!
In der ach so oberflächlich geführten politischen und medialen Diskussion über die Branche der Pflege muss meines Erachtens zunächst gelernt werden zu differenzieren um die Frage zu beantworten – von welcher Berufsgruppe wird hier eigentlich gesprochen, denn Sprache schafft Wirklichkeit!
Die häufige Vermischung der Begrifflichkeiten „Pflege“ und „Betreuung“ trägt zur zusätzlichen Verwirrung in der Debatte bei und ist daher kontraproduktiv!
Die Professionisten der Pflege müssen hier ein deutliches Signal der Aufklärung setzen, um nicht im semantischen Einheitsbreit der „Pflege“ unter zu gehen und letztlich dem Trugschluss Vorschub zu leisten „Pflege kann jeder“, wie so mancher politische Verantwortungsträger ernsthaft meint.
Gerade heute müssen sich alle Verantwortungsträger ohne wenn und aber zu den fachlich fundierten Pflegekräfte bekennen, die wissen was sie tun und wissen was ihr Auftrag ist. Ohne Ihr Engagement würde das gesamte Gesundheitswesen in Österreich stillstehen!